Online? Läuft! Aber…
Innerhalb kurzer Zeit haben sich viele Menschen in Unternehmen mit Online-Meetings vertraut gemacht: Teams haben einen internen Standard entwickelt, die meisten Teilnehmenden nutzen die technischen Gegebenheiten routiniert.
Online- und Präsenz-Veranstaltungen mischen sich nun aber häufig zu hybriden Meetings. Und ein guter Umgang damit fällt vielen schwer.
„Es sollten dann nur diejenigen teilnehmen, die auch vor Ort sind. Denn Präsenz ist ja möglich.“ kommt es von einer Seite.
Andere plädieren dafür, es müsse stets möglich sein, online teilzunehmen, zumindest, wenn es „gute Gründe“ für die Abwesenheit gibt.
Hier höre ich dann angeregte Diskussionen und erlebe viel Unsicherheit im Umgang mit der hybriden Form.
Im Alltag schwimmen viele Gruppen und Teams aktuell zwischen diesen Positionen und suchen praktikablen Lösungen, die den Aufgaben und möglichst auch den persönlichen Vorlieben entsprechen sollen.
Glücklicherweise wächst die Erfahrung mit hybriden Situationen täglich und es entsteht eine Orientierung dazu, was eine Arbeitsgruppe hybrid beachten sollte.
Präsenz: Die Macht ist mit dir!
Wer in Präsenz in einem Raum zusammensitzt, kann meist deutlich stärker Einfluss nehmen auf die inhaltliche Gestaltung, auf die Meinungsbildung und damit auf den Gesamtverlauf einer Besprechung.
Das gilt gerade dann, wenn die Entscheider:innen vor Ort sind.
Sind diese online zugeschaltet, kann es für die Menschen vor Ort anstrengend werden, zuzuhören und gleichzeitig stumme Kolleg:innen im Raum zu haben. Automatisch wird hier schnell jede Gelegenheit zum informellen Austausch genutzt.
Ein kurzer Blickkontakt, ein stilles Nicken, ein geflüsterter Kommentar zu Nachbarn: Derlei körpersprachliche Interaktionen sind nur in Präsenz möglich und koppeln die online teilnehmenden Mitglieder für diesen Moment ab. Ganz zu schweigen von Meeting-Pausen, in denen die Teilnehmenden auch im Raum vor Ort parallel Gespräche führen oder gemeinsam einen Kaffee außerhalb des Meeting-Raums trinken.
Alle Interaktionen vor Ort können in bester Absicht geführt sein und sich auch inhaltlich konstruktiv am Thema orientieren. Dennoch kommen bei den online Teilnehmenden schnell Hypothesen auf, was denn da insgeheim im Raum passiert. Und schon nimmt die Beteiligung ab oder Widerstände entstehen.
Meine 4 Tipps für deinen Umgang mit hybriden Meetings:
1. Perspektivenwechsel: Als kämen wir aus einer Online-Welt
Es beginnt, wie so soft, mit der Haltung:
Stell dir vor, du und ihr als Team arbeitet seit jeher online und ihr müsst nun mit der exotischen Präsenz-Welt zurechtkommen.
Wie könnt ihr also die Vorteile der online-Welt auch in Präsenz möglichst gut abbilden?
Beim Thema Einflussnahme kann das bedeuten, dass sich alle Teilnehmenden vor Ort mit ihren Rechnern auf einzelnen Räume verteilen, um das Gleichgewicht mit den online Teilnehmenden zu wahren.
Das mag für eine Präsenz-Welt skurril klingen. Aber in diesem Fall tun wir ja so, als sei online unser Normalzustand.
Auch wenn es vor Ort verlockend ist, den Meetingraum physisch zu betreten, und auch schön, die Kolleg:innen wieder persönlich zu treffen: Mit dieser Nähe vor Ort erhöht ihr automatisch die Distanz zu den online Teilnehmenden.
Sitzen alle Teilnehmenden einzeln in Räumen, besitzen während der Besprechung alle Personen gleichen Einfluss. Das kann sich sehr entspannend auf die Themen und den Verlauf auswirken. Ein Rangeln um Einfluss beschränkt sich damit auf einen kleinen Teil, der wohl auch in voller Präsenz beobachtbar wäre.
Der Perspektivenwechsel ist aber auch für die folgenden beiden Tipps hilfreich.
2. Inhalte reduzieren
Eine Online-Veranstaltung verträgt nur einen Teil der Inhalte, die in Präsenz möglich sind. Das habt ihr sicherlich schon zur Genüge erfahren. Zugegeben, es gibt Meetings, da geht inhaltlich die Post ab - und der informelle Teil ist bei null, die Teilhabe aller in etwa auch.
Plane also grundsätzlich weniger Inhalte und deutlich mehr Zeit ein für…
… technische Schwierigkeiten
… die Einführung von Meeting-Routinen
… Regieanweisungen & Beschreibungen und
… langsamere Abläufe in der Interaktion
3. Klare Struktur fördern
Bleibt ihr beim hybriden Meeting, dann profitiert ihr von einer klaren Struktur, die ihr aus euere Online-Welt kennt. Im besten Fall stellt ihr diese Struktur vor dem Meeting oder gleich zu Beginn allen vor. Zurückhaltung an dieser Stelle ist Dünger für die Irritationen einzelner Teilnehmer:innen.
Wie erleben die online zugeschalteten Teilnehmenden die Veranstaltung, welche Informationen können sie sehen und hören? Diese Frage sollte durchgehen mitlaufen.
Abweichungen benötigen eine klare Anmoderation und im besten Fall eine explizite Abfrage, inwieweit das für alle passt.
4. Aktive Gesprächsleitung etablieren
In diesem Zusammenhang macht sich eine sichtbare, hörbare Gesprächsleitung bezahlt. Wenn es zeitliche Verzögerungen im Sprechen gibt, akustische Unterschiede, die an der Aufmerksamkeit nagen oder auch eine Gesprächs-lustige Runde vor Ort oder online, kann die Gesprächsleitung für Transparenz sorgen: Stoppen, wiederholen, zusammenfassen, auf ein anderes Medium hinweisen.
Als Gesprächsleitung seid ihr Taktgeber:in, also das Schlagzeug des Meetings. Vorsicht: Das heißt nicht, dass ihr mit hoher Geschwindigkeit durch das Meeting treibt, sondern mit euren Aktivitäten spürbar den Rhythmus gestaltet.
Diese Gesprächsleitung kann…
… abbremsen
… noch fehlende Stimmen erfragen
… wiederholen
… zusammenfassen
… auf die Struktur hinweisen
… Aktivitäten im Raum vor Ort spiegeln
… Störungen ansprechen.
Die Grundidee für deine Gesprächsleitung sollte außerdem sein:
Mach dein Meeting zum Hörspiel!
So viel wie möglich sollte hörbar werden. Also auch die Beschreibung z.B. von Unterbrechungen vor Ort, wenn jemand mal eben zur Tür hereinschaut und etwas fragt. Wenn die Technik streikt und Aktivitäten vor Ort laufen, das Problem zu beheben. Hier finden oft viele Kommentare vor Ort statt, die die Stimmung gestalten, sich aber online nicht übertragen.
Sprecht das scheinbar Offensichtliche aus, bezieht die Menschen namentlich in das Geschehen ein, regt zu hörbarer Aktivität an.